Unsere
Schwerpunkte
Schwerpunktmäßig setzt sich das Forum ein für
- die Überwindung der Straflosigkeit, sowohl im Hinblick auf die während des bewaffneten Konflikts als auch danach begangenen Menschenrechtsverletzungen;
- den gleichberechtigten und ungehinderten Zugang zu rechtsstaatlichen Institutionen und Verfahren;
- die Durchsetzung des Menschenrechts auf Nahrung;
- die Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen und politischen Rechte, insbesondere auch für „traditionell marginalisierte Gruppen“, und
- den effektiven Schutz und die Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger/innen und zivilgesellschaftlichen Organisationen.
STraflosigkeit
Sowohl staatliche Sicherheitskräfte als auch maoistische Kämpfer haben während des zehnjährigen bewaffneten Konflikts schwere Menschenrechtsverletzungen wie außergerichtliche Hinrichtungen, gewaltsames Verschwindenlassen, Mord, Folter und Vergewaltigungen verübt. Beide Seiten hatten 2006 im Friedensvertrag u.a. vereinbart, die begangenen Menschenrechtsverstöße aufzuarbeiten und binnen 60 Tagen das Schicksal der ‚Verschwundenen‘ aufzuklären. Doch bis heute ist keiner der verantwortlichen Täter vor Gericht gebracht worden und der Verbleib von 1300 Personen weiter unbekannt. Laut OHCHR (Oktober 2012) stehen mind. 9 000 Fälle aus, die nach dem Völkerrecht bestraft werden müssen. Auf Druck politischer Parteien werden Untersuchungsverfahren zu Menschenrechtsverletzungen oft nicht aufgenommen oder eingestellt. In Einzelfällen wird Tätern bereits Straferlass gewährt. Im März 2012 wurden mehr als 400 Fälle, darunter mehr als 100 Morde, u.a. mit der Begründung, diese seien politischer Natur gewesen, eingestellt. Rechtskräftige Urteile, auch solche des Obersten Gerichtes, werden nicht umgesetzt. Beschuldigte Polizei- und Armeeangehörige werden trotz nachweislicher Menschenrechtsverbrechen befördert oder unter Schutz gestellt.
Die im Friedensvertrag vorgesehene Wahrheits- und Versöhnungskommission sowie die Untersuchungskommission zum Verbleib ‚Verschwundener‘ sind im März 2013 per Verordnung als eine Kommission verabschiedet worden. Die Verordnung ermöglicht es, für schwere Menschenrechtsverletzungen eine Amnestie zu gewähren.
Folter und Misshandlungen durch staatliche Sicherheitskräfte, insbesondere im Polizeigewahrsam, sind nach wie vor weit verbreitet. Nach nepalesischem Recht stellt Folter immer noch keinen Straftatbestand dar. Aus Angst vor Konsequenzen wird bei Straftaten oftmals keine Anzeige erstattet.
Recht auf Nahrung
Nepal befindet sich in einer akuten Ernährungskrise. Über 5 Millionen der 26,5 Millionen Einwohner sind unterernährt; 40 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren leiden an Fehlernährung. In 40 von 75 Distrikten herrscht laut World Food Programme chronische Nahrungsunsicherheit. Gründe dafür sind u.a. geringe landwirtschaftliche Produktivität, sehr geringe Anbauflächen, mangelnde Kaufkraft aufgrund fehlender Erwerbsmöglichkeiten und zu niedrige Entlohnung. Verschärft wird diese Krise durch das mangelhafte Sozialsystem und die unzureichende Umsetzung staatlicher Maßnahmen. Betroffen sind vor allem marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Gerade sie sind auch besonders anfällig für die Auswirkungen von Naturkatastrophen.
Obwohl in der Interimsverfassung verankert, wird eine notwendige Agrarreform nur zögerlich umgesetzt, und der Fokus der Landwirtschaftspolitik richtete sich bisher mehr auf die industrielle Agrarproduktion und weniger auf den Zugang zu Ressourcen für Arme und gerechte Verteilung. Staatliche Nahrungsverteilungsprogramme, die oft nicht über funktionierende Monitoringsysteme verfügen, erreichen selten die am schwersten Betroffenen. Daneben ist Nepal eines der verwundbarsten Länder in Bezug auf Auswirkungen des Klimawandels; laut Climate Change Vulnerability Index 2011 befindet sich Nepal an vierter Stelle der verwundbarsten Länder weltweit.
Soziale Inklusion
Besonders marginalisierte Bevölkerungsgruppen wie Frauen, ehemalige Schuldknechte, Dalits (ehemals „Unberührbare“), indigene und andere ethnische, religiöse und sexuelle Minderheiten, Landlose, Menschen mit Behinderungen oder HIV/Aids sind in Nepal vielfältiger Diskriminierung ausgesetzt. Ihnen werden oftmals der Zugang zu Land, Nahrungsmitteln, gesundheitlicher Versorgung, Bildung, Arbeit, Justiz und die Teilhabe an Entscheidungsprozessen verwehrt.
Nepal hat zwar 2011 ein Gesetz gegen Kastendiskriminierung und sog. „Unberührbarkeit“ verabschiedet, die effektive Umsetzung lässt jedoch auf sich warten.
Frauen sind zudem nach wie vor in hohem Maße häuslicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. Frauen und Mädchen sind häufig Opfer von Menschenhandel; sowohl innerhalb Nepals als auch in Ländern wie Indien oder den Golfstaaten, wo sie entweder zu unmenschlichen Bedingungen in Haushalten oder als Prostituierte arbeiten müssen.
Schutz und Sicherheit von Menschenrechtsverteidiger*innen
Nepalesische Menschenrechtsverteidiger/innen, die sich aktiv für die Aufarbeitung von Menschenrechtsverletzungen einsetzen und diese Fälle juristisch begleiten, sind aufgrund ihrer Arbeit Bedrohungen, Druck und Einschüchterungen sowie Übergriffen und Diskriminierungen ausgesetzt. Daneben sind auch Journalisten/innen, die über Menschenrechtsverletzungen berichten, u.a. Morddrohungen ausgesetzt.
Der nepalesischen Menschenrechtsorganisation INSEC zufolge wurden zwischen Januar und Oktober 2012 über 200 Menschenrechtsverteidiger/innen Opfer von Menschenrechtsverletzungen (darunter 5 Ermordungen, u.a. eines Richters des Obersten Gerichtshofes). Unter diesen befanden sich insgesamt 79 Journalisten/innen. Bei der Hälfte der Fälle waren die Täter erwiesenermaßen Mitglieder politischer Parteien, Regierungsbeamte und staatliche Sicherheitskräfte.